5 Sitzfehler und ihre Auswirkungen

Ich möchte dir heute von fünf Beispiele erzählen, die ich immer wieder bei ReiterInnen sehe und die den Reitersitz so stark beeinflussen, dass du sie unbedingt vermeiden solltest. Dies ist natürlich nur eine Auswahl. Es gibt viele verschiedene sogenannte Sitzfehler, sie alle bewirken aber im Prinzip das Gleiche. Sie führen zu Verspannungen und ungesunden Bewegungsmustern bei ReiterInnen und Pferden und, wenn man sie nicht irgendwann verbessert, führen sie auch zu ernsthaften Erkrankungen. Daher möchte ich dir hier anhand von meinen Beispielen beschreiben, welche Auswirkungen diese haben können.

  • Nach unten gucken
    Wenn du nach unten guckst, verschiebst du damit einen Balancepunkt. → Deine Kopfbalance – Schon mal gehört? Selbst wenn du glaubst nur mit den Augen nach unten zu schauen, neigst du bereits auch schon deinen Kopf nach unten. Der menschliche Schädel wiegt so im Durchschnitt 5-7kg. Wenn du also nach unten schaust mit den Augen oder vielleicht mit dem ganzen Kopf kommen 5-7kg immer weiter nach vorne auf deinem Pferd. Damit verschiebst du also deinen Balancepunkt mehr in Richtung Vorhand. Als Folge bedeutet das alles, was auch ein mit dem Rumpf nach vorn geneigter Sitz bedeuten würde. Du belastest dein Pferd mit noch mehr Gewicht auf der Vorhand. Dies belastet die Pferde zusätzlich zum Reitergewicht und führt zu verschiedenen Verschleißerkrankungen bei Reitpferden. Denn Ziel in jeder Reitweise ist es, das eh von Natur aus vorhandlastige Pferd so zu reiten, dass es in der Vorhand “leichter” wird und mehr Gewicht mit der Hinterhand trägt. Die nicht korrekte Kopfbalance begünstigt daher eine ungesunde, vorhandlastige Reitweise.
  • Gestresst aufs Pferd
    Setze dich nie gestresst, genervt oder verärgert in den Sattel. Wenn du dich gestresst, verärgert oder auch nur etwas genervt in den Sattel setzt, bringt du immer Anspannung in irgendeiner Form mit auf dein Pferd. Den Versuch es zu überspielen, kannst du dir sparen. Das wird nicht funktionieren. Pferde nehmen ganz leicht Spannungen in unserer Muskulatur wahr. Denk immer daran, dein Pferd spürt kleinste Insekten in seinem Fell und kann dann präzise an dieser Stell mit der Haut zucken, um sie zu verscheuchen. Dann spürt es natürlich auch wie sich dein Körper auf ihrem Rücken anfühlt. Dieser Punkt ist genau genommen ja erstmal kein “Sitzfehler”. Aber er führt in aller Regel zu Sitzfehlern und dann zu Missverständnissen zwischen Pferd und ReiterInnnen. Denn aus deiner Anspannung, resultiert eine gewissen Anspannung beim Pferd. Zudem wir dein Sitz nicht locker sein und so mit nicht so gut “lesbar” für dein Pferd, das wird unausweichlich zu Kommunikationsproblemen führen.
  • Liege-Schiebe-Sitz
    Kennst du den Liege-Schiebe-Sitz? → Man sieht ihn auf fast jedem Dressurturnier. Es gibt verschiedene Gründe, warum Reiter so sitzen und vielleicht auch nur so sitzen können. In den allermeisten Fällen, liegt meiner Erfahrung als Sattelfitterin nach, an dem beliebten Tiefsitzer-Dressursätteln. Hinzu kommt aber auch, dass man diesen Sitzfehler auch auf den bekanntesten internationalen Dressurturnieren sieht und somit auf falsche Vorbilder für einen korrekten Reitersitz entstehen. Warum auch immer – Du solltest unbedingt vermeiden so zu sitzen!
    Schauen wir uns mal an warum!

    Sind deine Schultern nicht im Lot über den Hüftgelenken, sondern nach hinten verschoben, entsteht sozusagen ein Knick im unteren Rücken, ein Hohlkreuz. So kann deine Wirbelsäule nicht die Bewegung des Pferdes nicht aufnehmen und durchfließen lassen. Zudem wird deine Rückenmuskulatur unphysiologisch beansprucht. Sie verspannt sich. Gleichzeitig kippt dein Becken als Gegenbewegung nach vorn. Evtl. spürst du sogar Druck oder Schmerz am Schambein. 😬💥  Und weil es gar nicht anderes geht, hältst du dich am Zügel fest, kannst auch nicht mehr fein mit der Hand sein. Ein Hindurchfließenlassen der Bewegungen des Pferd ist so nicht mehr möglich. Somit wird zum Beispiel auch das Aussitzen im Trab immer schwerer.
    Und was bedeutet das für dein Pferd? 
    Beim Centered Riding sprechen wir von den “compareble parts”. Das bedeutet dein Sitzfehler bewirkt genau das Gleiche beim Pferd. Anatomisch und Physiologisch gibt es vergleichbare Strukturen zwischen Mensch und Pferd. So besitzen wir vergleichbare Knochen und auch Muskulatur. So kannst du zum Beispiel durch ein verkipptes Becken auch dein Pferd dazu bringen, das Becken nach vorn abzukippen. Das passiert eben die Anspannung der Muskulatur in bestimmten Bereichen. Und wenn dein Pferd dann das Becken nach vorn verkippt, sind Hankenbeugung, Lastaufnahme mit der Hinterhand usw. nicht mehr möglich. Dadurch wird auch die Wirbelsäule deines Pferdes gestaucht (wie bei dir übrigens auch ☝️). Wenn dein Pferd lange in dieser Haltung geritten wird, kann das zu Kissing spines führen. (Natürlich gibt es dafür noch weitere Ursachen, aber eine falsche Trainingsweise kann eine Ursache sein.) In dieser Fehlhaltung sind der Brustkorb und die Halsbasis des Pferdes nicht mehr angehoben, die Vorhand schiebt nach vorn-unten raus. Dadurch kommen die Vorderbeine in der Stützphase (in der Bewegung) nicht senkrecht, sondern rückständig, also hinter der Senkrechten auf. Diese genannte Punkte können bei einer Dauerbelastung zu den Symptome einer Trageerschöpfung führen oder sich auch meist schon zu typischen Verschleißerkrankungen führen.
    • Eingedrehte Hände
      Wenn du deine Hände eindrehst und nicht aufrecht vor dir trägst, machst du deinen Oberkörper rund und sitzt nicht mehr aufrecht. Wenn du deine Hände nicht aufrecht trägst, sondern die Handflächen nach unten zeigen, wird dadurch dein Schulterbereich enger. Schau dir dazu auch unbedingt meinen letzten Quick-Tipp an. Hier gehts zum Video.
      Und ich hab noch einen weitere Tipp für dich, um dich besser aufzurichten ohne dabei in ein Hohlkreuz zu fallen. Stell dir deine Schlüsselbeine wie einen Mund vor. Du kannst diesen Mund grimmig und klein aussehen lassen oder du kannst ihn mit einem breiten Grinsen lächeln lassen. Wenn du also wieder mal von deiner/m TrainerIn hörst: “sitz gerade”. Dann denk einfach daran deine Schlüsselbeine lächeln zu lassen. ☺️
    • Mit dem Bein klopfen
      Wenn du dein Bein, die Wade oder die Ferse klopfend benutzt, um dein Pferd vorwärts zu treiben, ist das das AUS für einen korrekten und entspannten Reitersitz. 💥 …und übrigens auch für ein entspanntes, lockeres Pferd!☝️ Das klopfende Bein führt dazu, dass du dich in der Hüfte verspannst. In diesem Moment kannst du dann gar nicht mehr locker und losgelassen sitzen. Es wird auch dazu führen, dass dein Sitz in irgendeine Richtung schief wird. Du möchtest mit dem Klopfen bewirken, dass dein Pferd schneller oder überhaupt vorwärts geht. Aber genau genommen boxt du deinem Pferd in die Rippen. Hat das schon mal jemand bei dir gemacht? Ich hoffe nicht, deshalb erzähle ich dir mal was passiert. Du erschrickst, hältst die Luft an, reflektorisch spannt sich deine Rippen- und Bauchmuskulatur (beides braucht du zum Atmen). Nun atmest du nur noch kurz und flach. Kannst du jetzt noch losgelassen und locker schwingend loslaufen? Ich wünsche mir, dass du das nächste Mal, wenn du auf deinem Pferd sitzt an meine Worte denkst! Und noch etwas möchte ich dir sagen: Es ist keine Schande zuzugeben, dass man sein Pferd so versucht zu mehr Vorwärts zu bewegen. Wichtig ist immer nur, dass wir versuchen etwas daran zu ändern!

    Hier in meinem Video zeige dir die Sitzfehler nochmal ein praktischer. Schau dir das unbedingt an!

    Konntest du dich an der einen oder anderen Stelle wiederfinden?
    Ich glaube jede/r ReiterIn hat so die eine oder andere Baustelle. Ich möchte dich hiermit nur daran erinnern, immer daran zu arbeiten, besser oder zumindest nicht schlechter zu werden.😉 – Unseren vierbeinigen Freuden zu Liebe! ❤️

    In diesem Sinne wünsche ich dir einen tollen Sonntag mit deinem Pferd! Deine Sarah 🙋🏻‍♀️❤️🐴

    Wenn du jetzt auch etwas an deinem Reitersitz verbessern möchtest, melde dich zu meinem kostenlosen Online-Sitztraining an!

    5 Kommentare zu „Reitersitzfehler“

    1. Herzlichen Dank für die interessanten Hinweise. Ich glaube auch, dass ein guter Sitz mehr der Schlüssel zu gutem Reiten ist als alles andere. Jedenfalls zeigt mir mein Pony das deutlicher, als mir lieb ist.

      Mich beschäftigt gerade der Punkt mit dem zurückgelehnten Oberkörper. Ich frage mich, ob dieser Fehler nicht auch durch zu starke Anlehnung entstehen könnte, ein bisschen wie beim Tauziehen. Da zeigt es sich ja deutlich, wie Druck und Gegendruck wirken. Daraus würde folgen, dass zu viel Gewicht in der Hand das Ende jedes senkrechten Sitzes wäre. Stimmt das? Und was würde das für die doch so wichtige Anlehnung bedeuten? Oder habe ich etwas falsch verstanden?

      Nachdenkliche Grüße,
      Raaga

      1. Freut mich sehr, dass es dir gefallen hat. 😊👍

        Ein interessanter Gedanke von dir. Es mag sein, dass das zum Teil vorkommen kann. In den allermeisten Fällen liegt die Ursache meiner Meinung nach in Sätteln (unpassend für die ReiterInnen) und Bewegungsmustern der Pferde, die zu dieser Oberkörperposition führen.
        Dadurch kommt es natürlich zu mehr Zug am Zügel, weil man sich dann tatsächlich am Zügel festhalten muss. (Vielleicht hast du auch mein Video gesehen. – Da muss ich mich auch festhalten. 😉)
        Und dieser vermehrte Zug, kann dann sicher auch Gegenzug durch das Pferd bewirken.
        Danke, dass du deine Gedanken mit uns teilst!

        1. Zu deiner Frage bezüglich der Anlehnung: Die Anlehnung, die Verbindung von der Reiterhand zum Pferdemaul (oder Nase z.B. bei gebisslosen Zäumen) soll ja eine feine und sanfte sein.
          Wenn der Reitersitz nicht korrekt in Balance und unabhängig von der Bewegung des Pferdes ist, ist meist auch nicht mehr der Zügelkontakt fein, da jeder Mensch dazu neigt sich festhalten zu wollen. Das bedeutet, wenn wir nicht gerade in Balance sitzen können, stimmt auch meist der Zügelkontakt nicht. Und so kann auch wiederum zu starkes Ziehen, bewirken, dass man sein Balance verliert und nicht mehr gerade sitzt.

    2. Wirklich hilfreiche Hinweise zum Nachdenken!!
      Das mit dem “Kopfgewicht” hätte ich so gar nicht vermutet! Kleine Verschiebung- große Wirkung!!
      Das Problem mit dem Liege-Schiebesitz beruht vermutlich in dem Irrtum, dass das mit “Kreuz anspannen” gemeint ist?
      Aber auch auf die anderen Fehler muss ich mehr achten! Ich sehe schon, dass ich mehr Sitzschulung im Reitunterricht brauche!
      Liebe Grüße

      1. Freut mich, dass dir der Beitrag so gut gefallen hat. Du hast es richtig beschrieben, kleinste Balanceverschiebungen können große Auswirkungen haben.
        Der Liege-Schiebesitz hat wie bereits gesagt verschiedene Ursachen. Die wichtigsten sind in meinen Augen der Sattel und der Bewegungsmechanismus der Pferde bzw. wie sie geritten werden.
        Danke für dein Feedback. ☺️

    Kommentar verfassen

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    Warenkorb
    Nach oben scrollen